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Carolin Tödtmann hat
Morbus Bechterew.
Gemeinsam mit der
Rheumatologin Judith Günzel
erzählt sie über ihre
Schwangerschaft.

 

iStock-1338650623_Norbert Hentges

Als Carolin Tödtmann 30 Jahre alt war, kam das Rheuma: Ärzte diagnostizierten Morbus Bechterew und warnten vor einer Schwangerschaft. Ein Schock, denn die junge Frau hatte sich immer Kinder gewünscht.

Also suchte sie nach Möglichkeiten und lernte Judith Günzel kennen. Die Dortmunder Rheumatologin machte ihr Mut und begleitete sie bis zur Geburt ihrer Tochter. Dabei halfen modernste Therapien. Im Gespräch erzählen Ärztin und Patientin, warum die medizinische Begleitung so wichtig ist und wie sich eine Rheuma-Mama fit halten kann.

Ein Portrait von Frau Tödtmann und ihrem Kind

Frau Tödtmann, der Beweis, dass Sie alles richtig gemacht haben, heißt Matilda und ist knapp ein Jahr alt. Was dachten Sie, als der Schwangerschaftstest positiv war?

Ich hatte bereits Fehlgeburten. Deshalb war ich lange unruhig. In der zehnten Woche habe ich aber nach einer schlaflosen Nacht beschlossen: Schluss mit Sorgen. Dann kam eine unglaubliche Freude.

Trotz der Übelkeit, mit der Sie zu kämpfen hatten?

Ein übersensibler Geruchssinn, Kreislaufprobleme und Heißhungerattacken, das alles ist doch ganz normal.

Ganz normal war Ihre Schwangerschaft aber nicht, weil Sie Morbus Bechterew haben. Haben Sie lange mit sich gerungen, ein Kind zu bekommen?

Als ich mit knapp 30 Jahren die Pille absetzte, wusste ich gar nicht, dass ich Rheuma habe. Doch dann kam kein Baby, sondern der erste Schub und die Therapie. Das war ein Schock. Der Kinderwunsch blieb aber. Mir war klar, dass es ein kleines persönliches Abenteuer wird – das wollte ich riskieren.

Schwangerschaftstest
iStock-1184857937_FotoDuets

Frau Günzel, Sie haben Carolin Tödtmann durch die Schwangerschaft begleitet. Warum ist es so wichtig, dass Patient*innen mit Kinderwunsch so früh wie möglich mit ihrer Rheumatologin oder ihrem Rheumatologen sprechen?

Zunächst mal, um schneller schwanger zu werden. Schon bei gesunden Frauen dauert es im Schnitt ein Jahr, bis es klappt, und bei Rheumatiker*innen oft deutlich länger. Ich arbeite mit den Patient*innen eine Therapie aus, um die Chancen zu verbessern.

Allein in den vergangenen fünf Jahren haben sie mehr als 30 Mütter zur Geburt geführt. Wie war das bei Carolin Tödtmann?

Als Frau Tödtmann zu mir kam, war die Krankheit sehr aktiv. Verschiedene Ärzte hatten ihr von einer Schwangerschaft abgeraten, das erlebe ich oft. Viele Frauen haben ein schlechtes Gewissen, in der Schwangerschaft Medikamente zu nehmen. Dabei gibt es mittlerweile zahlreiche Therapien, die unbedenklich für das Kind sind und der Mutter schonend Linderung bringen.

Rheumapatient*innen sollten die Schwangerschaft schon sehr genau planen – oder?

Natürlich ist es besser, wenn die Therapie bereits vor der Schwangerschaft umgestellt wird und die Krankheit möglichst stabil ist. Das heißt: keine Rheumaschübe, Entzündungen und schon gar keine Organbeteiligungen.

Haben Schwangere mit Rheuma höhere Risiken?

Die Statistik sagt: Werdende Mütter mit Rheuma leiden häufiger unter Bluthochdruck und Diabetes. Aber das lässt sich gut behandeln. Früher kamen die Babys oft zu früh und waren sehr zart. Aber inzwischen konnten wir mithilfe großer Datenbanken die Behandlung immer weiter optimieren. Deshalb können sich Mütter auf kerngesunde Babys wie Matilda freuen.

Ein Portrait von Frau Günzel

Frau Tödtmann, viele Schwangere verkneifen sich sogar eine Kopfschmerztablette. Haben Sie es ohne Medikamente bis zur Geburt geschafft?

Ich hatte natürlich gehofft, dass ich zu den Frauen gehöre, bei denen der Bechterew während der Schwangerschaft eine Pause einlegt. Die Chance stand immerhin fifty-fifty. Leider kamen aber nach dem dritten Monat Schübe. Die Spritzintervalle für die Basistherapie wurden kürzer. Im fünften Monat schwollen meine Finger an, und die Iliosakralgelenke meldeten sich. Ich wurde arbeitsunfähig geschrieben. Im achten Monat brauchte ich Kortison. Ich fand das nicht dramatisch, weil ich wusste, dass ungehemmtes Rheuma wesentlich gefährlicher fürs Kind ist. Zum Glück ging es Matilda immer gut. Das habe ich bei den Ultraschallkontrollen gesehen, die mein Gynäkologe regelmäßig durchgeführt hat.

Wen haben Sie häufiger besucht – Frau Günzel oder Ihren Gynäkologen?

Carolin Tödtmann (lacht): Meinen Gynäkologen. Frau Günzel habe ich viermal gesehen, konnte sie aber jederzeit anrufen oder eine Mail schicken. Einmal hatten wir sogar eine Videovisite.

Judith Günzel: Auch ich habe oft Kontakt mit den Gynäkologen, oder umgekehrt: Sie rufen mich an, wenn sie Fragen zur Therapie haben oder wissen wollen, was sie bei der Geburt beachten müssen.

Ultraschallbild
iStock-1128778935_September15

Frau Tödtmann, es heißt immer, Bewegung kann Linderung bringen. Aber dabei ist ein dicker Bauch doch hinderlich?

Im achten Monat konnte ich meine Zehen nicht mehr sehen. Schwimmen fiel leider wegen Corona aus. Zum Glück hat mich unser Hund bei stundenlangen Spaziergängen treu begleitet. Daneben haben ein Physiotherapeut und eine Osteopathin meine Gelenke in Trab gehalten, eine Hebamme mit Akupunktur geholfen. Wenn es mal ruhig war, hat Matilda im Bauch angeklopft. Es war also immer viel los.

Das klingt nach einer Bilderbuchschwangerschaft. Hatten Sie auch eine Bilderbuchgeburt?

Zwei Wochen vor dem Termin war ich noch einmal bei Frau Günzel. Matilda lag in optimaler Startposition: mit dem Kopf nach unten. Aber meine Tochter hatte es nicht eilig, überzog um sechs Tage. Bei einer Kontrolluntersuchung schob ein Arzt im Klinikum plötzlich Panik, weil das Kind die Vier-Kilo-Grenze anpeilte. Die Geburtseinleitung wurde geplant, Matilda machte sich jedoch dann selbst auf den Weg. Am Ende kam sie per Kaiserschnitt zur Welt, weil sie nicht durchs Becken passte. Die Operation war kein Problem, weil ich vorsorglich die Rheumamedikamente abgesetzt hatte. Abends um 17:53 Uhr war sie da: 3.640 Gramm, kerngesund. Die kleine Matilda ist unser Wunschkind. Ich bin eine glückliche Mama.

Wie haben Sie die Zeit nach der Geburt erlebt?

Carolin Tödtmann: Mein Mann hatte zwei Monate Elternzeit. Die haben wir genossen. Die Wundheilung verlief unkompliziert. Gut einen Monat nach der Geburt hatte ich einen Termin bei Frau Günzel.

Judith Günzel: Da habe ich auch Matilda kennengelernt und mich mit Frau Tödtmann gefreut. Aber im Mittelpunkt stand das Rheuma, das in der Regel vier bis sechs Wochen nach der Entbindung mit der Hormonumstellung wiederkommt. Wir sprechen dann über Therapien, die keinen negativen Einfluss aufs Stillen haben. Weil Kinder nicht alle Wirkstoffe oral aufnehmen, gibt es eine große Auswahl.

Schwangerschaftsbauch
iStock-1155111668_Blue Planet Studio

Matilda quietscht im Hintergrund fröhlich vor sich hin. Frau Günzel, wie groß ist Matildas Risiko, an Rheuma zu erkranken?

Diese Frage stellen alle Eltern. Matildas Risiko ist wahrscheinlich nicht höher als bei anderen Neugeborenen – etwa eins zu hundert –, weil die Krankheit in der Familie nicht genetisch bedingt ist. Wenn es in der Familie eine eindeutige genetische Vorbelastung gibt, liegt das Risiko für eine Erkrankung der Kinder teils deutlich höher.

Wenn Kinder anfangen, die Welt zu entdecken, wird auch für die Eltern das Leben anstrengender – Frau Tödtmann, kommen Sie manchmal an Ihre Grenzen?

Nach zwölf Wochen stand ich vor der Krabbeldecke und dachte: Wie kriege ich Matilda da runter? Ich konnte mich kaum beugen. Wir mussten noch einmal die Therapie umstellen. Im neunten Monat war plötzlich das Windelwechseln ein Problem. Matilda wog acht Kilo, ich konnte sie nicht gut tragen. Wie so oft in unserem Alltag hat sich das Problem jedoch schließlich wie von selbst gelöst. Sie krabbelt inzwischen selbst zum Wickeltisch. Ich habe den Eindruck, dass Matilda oft schon spürt, was geht und was nicht.

Um den richtigen Weg zu finden, braucht es also Fantasie, Geduld und sicher auch einen guten Partner?

Mir war es ganz wichtig, dass sich mein Mann das Kind genauso gewünscht hat wie ich. Er geht in seiner Vaterrolle total auf und übernimmt zum Beispiel das Duschen und Baden von Matilda. Das ist mir zu riskant, weil ich Dinge manchmal einfach fallen lasse. Für mich ist es wichtig, dass Matilda verschiedene Bezugspersonen hat. Deshalb kommt auch ihre Oma zweimal in der Woche, wenn ich bei der Physiotherapie oder Wassergymnastik bin. Am schönsten ist es aber, wenn wir etwas gemeinsam unternehmen. Demnächst gehen wir wieder zum Babyschwimmen. Matilda, mein Mann und ich – unsere ganze kleine Familie

Baby klettert auf Kissen herum
iStock-1004785676_LightFieldStudios

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe 10 der RLeben. Unser Patientenmagazin bietet viele spannende Informationen, Interviews und Tipps rund um Rheuma.

Titelbild der Ausgabe Nummer 10 des Patientenmagazins RLeben

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