Kein Kinderkram: Wie erklärst du deinem Nachwuchs, dass du Morbus Bechterew hast?
Leben mit Bechterew - den Alltag meistern
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Leben mit Bechterew - den Alltag meistern
Kinder sollen glücklich und unbeschwert aufwachsen dürfen. Aber was ist, wenn ein Elternteil plötzlich mit der Diagnose Morbus Bechterew konfrontiert wird? Verschweigen? So tun, als ob nichts wäre? Spätestens wenn Beeinträchtigungen im Alltag auftreten, wird es Zeit für ein offenes Gespräch.
Auf Kinderzeichnungen sieht man oft: Mama, Papa, Kind. Alle lachen, die Sonne oben am Himmel auch. Viele Eltern denken, dass keine einzige graue Wolke diesen sorgenfreien Kinderhimmel trüben darf. Dabei gehören ein paar Gewitterwolken zum Leben dazu. Oder wie es auch heißt: Ohne Regen kein Regenbogen.
Wir können von unseren Kindern nicht alles fernhalten: schon gar nicht eine chronische Erkrankung. Wenn die Krankheit anfängt, deinen Alltag, dein Leistungsvermögen oder deine Stimmung zu beeinflussen, wird auch dein Kind über kurz oder lang spüren, dass etwas nicht in Ordnung ist. Im schlimmsten Fall könnte es sogar denken, dass es daran schuld ist. Also nimm dir ein Herz und erzähl ihm, was mit dir los ist. Je früher, desto besser.
Wenn Eltern ein Geheimnis aus ihrer Krankheit machen, dann wird diese zu einer Art „Monster unter dem Bett“. Unbekanntes löst Ängste aus. Besser, du nimmst dir die Zeit und sprichst offen mit deinem Kind darüber, warum es dir nicht gut geht. Dabei musst du nicht alles von A bis Z erklären. Taste dich am besten häppchenweise heran und formuliere die Dinge kindgerecht. Und ganz wichtig: Sag immer die Wahrheit! An der Reaktion deines Kindes wirst du merken, ob es mehr Informationen braucht. Wenn keine Fragen kommen, musst du für den Augenblick auch nicht mehr als nötig erzählen. Vielleicht kommen später noch Fragen dazu. Und: Lass Bilder sprechen, um deine Krankheit zu erklären. Die folgende Geschichte kann dir bei kleineren Kindern helfen.
von Grit Rehm
Gisela, die Große,
wohnte in Macao
sah aus wie Vanillesoße
mit 6 Klecksern Kakao
Das klingt nach einer heiklen Frage. Auch hier ist Offenheit angeraten. Trau deinem Kind zu, mit der Wahrheit umzugehen und mach keine falschen Versprechungen. Die Antwort: „Ich werde nicht mehr gesund, aber ich bekomme Medikamente, damit es mir besser geht.“ ist völlig in Ordnung. Aber lass bei allen Erklärungen die Kirche im Dorf: Morbus Bechterew ist zum Glück keine tödliche Erkrankung und das solltest du im Gespräch auch so herüberbringen.
Versucht als Familie, euren Tagesablauf wie gewohnt fortzusetzen. Das gibt allen Familienmitgliedern Sicherheit. Natürlich wird das nicht immer gelingen. In diesen Fällen – die übrigens in jeder Familie vorkommen können – solltet ihr eurem Kind aber Bescheid geben, dass ihr es heute beispielsweise nicht vom Hort abholen könnt und stattdessen Oma und Opa einspringen werden. Lasst den Nachwuchs gerne regelmäßig mithelfen. Gut geeignet sind Aufgaben, die das Kind auch bewältigen kann. Vielleicht könnte es regelmäßig den Tisch decken oder dem kranken Partner beim Aufräumen oder Müll raustragen helfen. So fühlen sich Kinder miteinbezogen und weniger hilflos. Teenies dagegen sollte etwas Freiraum zugestanden werden. Selbst wenn es sich vielleicht für euch merkwürdig anfühlt: Es ist wichtig, dass ein größeres Kind über seine Ängste und Sorgen auch mit anderen sprechen darf.
Ein Schub kommt oft überraschend. Nicht jeder hat das Glück, dass Oma und Opa stets parat stehen. Dann muss schnell ein Plan B her. Hier sind ein paar Anhaltspunkte, wie das richtig gut funktionieren kann.
Andere Eltern um Unterstützung fragen
Du kannst dir ein Netz mit doppeltem oder sogar drei- oder vierfach verstärktem Boden schaffen, indem du anderen Eltern reinen Wein einschenkst. Erzähl von deinem Morbus Bechterew – vorausgesetzt, du fühlst dich damit auch wirklich wohl. Berichte, was bei einem Schub passiert und wie es dir dann geht. Frag ganz offen, ob sie dich in einem solchen Fall unterstützen können. Oft macht es gar keine Mühe, noch ein weiteres Kind aus der Kita oder dem Hort abzuholen. Und für das Kind ist es noch dazu eine schöne Abwechslung.
Den Partner miteinbeziehen
Mancher mag es nicht, dass die Krankheit so sehr im Mittelpunkt des Familienlebens steht und zieht sich zurück. Aber Vorsicht! Wer nicht mehr darüber spricht, wie es einem geht, wird auch leicht missverstanden. Das kann zu Spannungen führen. Einfühlungsvermögen und eine offene Kommunikation sind das A und O einer funktionierenden Familie. Akzeptiere, dass du ab und zu Hilfe brauchst und bitte deinen Partner ganz konkret und ohne Schnörkel darum.
Hilfe von Freunden und Familie annehmen
Es ist in Ordnung, öfters die Hilfe von anderen anzunehmen. Du musst deshalb keine Schuldgefühle haben, denn es ist, wie es ist. Nimm die Unterstützung an. Niemand erwartet von dir, dass du Gleiches mit Gleichem vergelten kannst. Oft reicht ein einfaches Dankeschön, das von Herzen kommt oder ein kleiner Blumenstrauß für einen besonders spontanen Hilfseinsatz.
Mut zur Improvisation
Nicht alles lässt sich bis ins Detail planen. Bleib flexibel und spontan. Und falls deine Kinder nicht mehr ganz so klein sind, darfst du diese durchaus mal um Rat fragen oder zum Beispiel bitten, den Bruder oder die Schwester abzuholen. Solange solche Regelungen nicht zu einer Dauerlösung werden, ist das völlig okay. Als Familie findet ihr eine Lösung.
Jedes Kind geht anders mit einer chronischen Erkrankung um. Wichtig ist, dass du ihm immer wieder liebevoll klarmachst, dass es keine Schuld an deinem Morbus Bechterew hat. Wie schnell rutscht einem ein: „Das macht mich ganz krank.“ heraus. Folgt darauf tatsächlich ein Schub, beziehen Kinder so eine Aussage sehr wahrscheinlich auf sich.
Oftmals verändert sich mit der Diagnose Morbus Bechterew das Familienleben. So können jederzeit kurzfristige Planänderungen auftreten, weil es einem Familienmitglied nicht so gut geht. Alle müssen dann plötzlich mehr Rücksicht nehmen. Das kann auch mal zu Verstimmungen führen. Aber das ist völlig in Ordnung – gebt euch in der Familie den Raum dafür, enttäuscht sein zu dürfen. Wichtig dabei ist, dass niemand die Krankheit als Vorwand empfindet. Konzentriere dich auf deine guten Tage und versuche dann, so viel Zeit wie möglich mit deinen Kindern zu verbringen oder einfach nur für sie da zu sein. Hast du schon mal darüber nachgedacht, zusammen mit deinem Kind Sport zu treiben? Das macht zu zweit eh viel mehr Spaß und ist gut für dich und deine Beweglichkeit.
Kinder kommen meistens gut damit zurecht, wenn ein Elternteil an Morbus Bechterew erkrankt. Manchmal braucht es aber trotzdem professionelle Unterstützung von einem Arzt oder Kinderpsychologen. Auf diese Warnzeichen solltest du achten:
Treten diese Symptome länger als 14 Tage auf, solltest du das Gespräch mit einem Spezialisten suchen.
Mama, Papa, bekomme ich das auch? Wenn ein Elternteil Morbus Bechterew hat, kann die Krankheit in manchen Fällen vererbt werden. Aber selbst wenn du den HLA-B27- Erbfaktor an deine Kinder weitergegeben hast, so bedeutet das nicht, dass sie automatisch Morbus Bechterew bekommen. Es gibt lediglich eine um bis zu 25 % erhöhte Wahrscheinlichkeit.¹ Solltest du bestimmte Symptome an deinem Kind bemerken, geh bitte zu einem Kinderarzt oder sprich mit deinem Rheumatologen. |
Quelle:
1. Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB): FAQ, https://www.bechterew.de/was-ist-morbus-bechterew/faq/, zuletzt aufgerufen am 24.07.2023.